Lustvoll durch das venezianische Zeitalter

(Kreisanzeiger 15.09.2008)

Wolkenbrüche tun der guten Stimmung keinen Abbruch - Rundgang über Landpartie kommt Genuss für die Sinne gleich

BÜDINGEN (em). Der Legende nach soll Noah, als die Sintflut überstanden war, mit seiner Familie kräftig gefeiert haben. Genau so ging es auf der Landpartie zu: Nach den Wolkenbrüchen über dem Ausstellungsgelände am Freitag (der Kreis-Anzeiger berichtete) und der tatkräftigen Hilfe durch Freiwillige Feuerwehr und Arbeiter des städtischen Bauhofes habe man noch bis nach Mitternacht in der fürstlichen Küche zusammen-gesessen und in bester Stimmung gefeiert, war von Organisatoren und Anbietern zu hören. Noch am Wochenende waren alle voll des Lobes für die zupackenden Männer. Fürstin Leonille zu Ysenburg und Büdingen: "Wir sind Bürgermeister Erich Spamer dankbar für den schnellen und unbürokratischen Einsatz seiner Mitarbeiter. Wenn die Kommunikation weiter so gut läuft, können wir noch für Büdingen viel Gutes bewirken."

Am Samstag hatte sich das Wetter wieder gewendet, es war sonnig und luftig. Die floralen Gestecke, die bunten Keramiken im Freien leuchteten in allen Farben. Überall gab es schöne Blickpunkte: ein regelrechter kleiner Garten voller historischer Rosenstücke und -bäumchen am rückwärtigen Schlossausgang, die hingebungsvoll improvisierenden Jazzer des Peter-Glessing-Trios, die durch das Areal wanderten, der Zusammenklang der schönen alten Bäume und des Weihers mit dekorativen Gegenständen für Hof und Garten. Aber immer wieder hatten die Veranstalter besondere Höhepunkte in den Tageslauf gestreut. So zeigte ein Gartencenter mehrfach an seinem Stand den Buchsbaumschnitt. Für Gärten mit historischen oder bäuerlichen Elementen bildet der immergrüne Busch eine gute Beeteinfassung, aber es gehört Geschick und gutes Handwerkszeug dazu, tatsächlich exakte Kugeln oder Rechteckeinfassungen zu schneiden.

Oft zog es die Besucher an die Schaubühne auf der Rückseite des Schlosses. Dort stand Miriam Heinz vor dem Kulissenvorhang wie vor dem Torbogen eines venezianischen Palazzos. Die dramatische Sopranistin sang Heiteres und Tragisches, Lieder aus Strauß-Operetten wie auch Arien von Mozart, Verdi und Puccini. Ein großer Anziehungspunkt war die Historische Modenschau. Was dort geboten wurde, war von der Qualität her weit entfernt vom schnell und billig Aufgemachten, was so oft als "authentisch" in den Raum gestellt wird. Einen regelrechten Querschnitt durch die Kleidung des 18. Jahrhunderts boten der Maskenbildner Rico Grese (*) und die Kostümdesignerin Antje Burckhardt. Da gab es von der großen barocken Robe über die zarteren Farben des Rokoko bis zum Outfit englischer Landedelleute am Ende des Jahrhunderts im Stil des "Zurück zur Natur" einen eindrucksvollen Querschnitt zu sehen. Auch die "kleinen Leute", die Gondolieres und Mägde, waren nicht vergessen. Sicher - edle alte Brokate, womöglich noch mit Goldfäden, konnten die beiden Künstler nicht einsetzen, wohl aber Stoffe, die in Farbe und Design barocken Vorbildern nachempfunden waren. Synthetikzeug ist verpönt, ebenso billige Pailletten, Strass und Borten. Statt dessen wurde die Dekoration der Kostüme effektvoll Ton in Ton gehalten. Jabots und Engageantes wurden an Stelle von Spitzen aus feinem Batist gefertigt. Von den Zuschauern gab es begeisterten Beifall. Antje Burckhardt hat in Zusammenarbeit mit Rico Grese (*) einen wertvollen Kostümfundus geschaffen, für den man sich nach der Landpartie und einem Gartenfest in Schloss Bückeburg noch weitere Einsatzorte wünscht.

Chromblitzend und bis zum letzten Millimeter Stoßstange sorgfältigst gepflegt - so rollten die historischen Karossen des Allgemeinen Deutschen Schnauferl-Clubs in den Schlosshof, und die Fahrer wurden von Fürstin Leonille freundlich willkommen geheißen. Im offenen Pavillon des Wellness-Tempels neben der Gelben Villa konnte man sich mit Blick ins Grüne eine kosmetische Behandlung verpassen lassen. Schönes und Hochwertiges war bei einer Modenschau der Firma Meier.Meier aus Hamburg zu sehen. Als jovialer Bewunderer, nicht als gestrenger Preisrichter, zeigte sich Landpartie-Organisator Arnold Emke, als er die Kandidatinnen auf die Schaubühne bat. Eine konnte man tatsächlich als vorbildliche Landpartie-Besucherin bezeichnen. Sie hatte ihren Hut an einem der Stände gekauft, ihn mit Efeu aus dem Park und Plastiktrauben von einem Dekoartikelstand dekoriert - ein schönes Bild. "Tuchfühlung" war im Stallhof angesagt, wo reizvolle Dekostoffe nach historischen Mustern von einer Gelnhäuser Firma gezeigt wurden. Schlendern, stöbern und schließlich kaufen - nach solchen lustvoll-anstrengenden Tätigkeiten greift man gern zu gutem Essen und Trinken. Da waren die vielen kleinen Sitzgruppen im Park, oft auch unter Sonnenschirmen, der richtige Ruheplatz. Und wenn die Füße dann immer noch wehtaten, konnte man sich mit einer historischen Kutsche durch die Stadt führen lassen.

* Anmerkung und Korrektur seitens der Inhaberin der Website:
Für oben genanntes Maskenbild verantwortlich ist Pauline Späte.

 

 

Presse

(Schaumburg-Lippische Landes-Zeitung 10.12.2008)